Aufatmen am Wattenmeer – Doch wie weiter mit dem Frachter?

Frachter am neuen AnkerplatzDer Autofrachter „Fremantle Highway“ an seinem neuen vorläufigen Ankerplatz. © Flugzeug der Küstenwache/Küstenwache der Niederlande/dpa

Ein riskantes Manöver: Der brennende Frachter wird über die Nordsee geschleppt – vor den niederländischen Wattenmeerinseln. Alles ging glatt. Doch die Gefahr ist nicht gebannt. Noch immer brennt die „Fremantle Highway“.

Schiermonnikoog – An der niederländischen Küste beim Wattenmeer wird aufgeatmet. Inselbewohner, Bergungsexperten und Behörden sind erleichtert. Der brennende Frachter mit 1,6 Millionen Liter Schweröl an Bord ist an einem weniger gefährlichen Ankerplatz angekommen. „Das Verschleppen des Schiffes verlief ohne Probleme“, teilte die Wasserbehörde in Den Haag mit. Es gab keine Schäden für die Inseln und die Naturgebiete im Wattenmeer.

Die etwa 200 Meter lange „Fremantle Highway“ mit rund 3800 Autos an Bord erreichte nach mehr als 15-stündiger riskanter Fahrt ihren neuen vorläufigen Ankerplatz etwa 16 Kilometer im Norden der Wattenmeerinseln Schiermonnikoog und Ameland. Der Transport hatte am Sonntagabend weiter im Westen vor der Insel Terschelling begonnen.

Neuer Platz für die „Fremantle Highway“

Der neue Platz liegt weit entfernt vom Schiffsverkehr und windgeschützter. Dort liegt das Schiff vor Anker, wird aber auch stabilisiert von zwei Schleppern. Auch bleibt das Spezialschiff, das Öl räumen kann, weiter ganz in der Nähe.

Doch das ist erst eine Etappe auf dem schwierigen Weg zum Ende des Dramas mit der „Fremantle Highway“. Das hatte vor fast einer Woche begonnen, als das Feuer in der Nacht zum Mittwoch auf den Autodecks ausgebrochen war. Bei der Evakuierung war ein Mann aus Indien gestorben, die übrigen 22 Besatzungsmitglieder wurden verletzt. Die meisten von ihnen seien nun aus dem Krankenhaus entlassen worden, teilte die japanische Reederei mit.

Gefahr noch nicht gebannt

Nun ist die Frage, wie es weitergeht. Noch immer brennt das Schiff. „Das Feuer ist deutlich schwächer geworden, und auch die Temperatur hat abgenommen“, sagte der Direktor der Wasserbehörde, Joost de Ruig, dem Radiosender NOS. Das Schiff sei stabil und intakt. Das ist eine gute Nachricht. Doch die Gefahr ist nicht gebannt, dass doch noch die Stahlwände aufreißen und Öl heraussickert.

Zunächst sollen Bergungsspezialisten an Bord den Zustand des Schiffes eingehend überprüfen. Erst wenn es tatsächlich stabil genug ist, dann kann es zu einem Hafen transportiert werden. Doch dafür muss das Feuer erloschen sein. Bisher war das direkte Löschen gar nicht möglich. Denn wenn zu viel Wasser ins Schiff gelangt, könnte es instabil werden und kentern.

Also heißt es wieder Abwarten. Ideal sei das nicht, sagte Direktor Ruig. Und schon gar nicht in der Nähe des Weltnaturerbes Wattenmeer. „Aber unter diesen Umständen ist es der beste Ort“, sagte er. „Hier bleibt das Schiff, bis das Feuer erloschen ist. Erst dann kann es sicher weitergeschleppt werden.“

0

Lesen Sie auch

Apophis: Schlägt der Asteroid 2029 ein? Forscher sagen Flugbahn vorrausLESENIm Griechenland-Urlaub: Vater kippt bei Rechnung für Calamari und Getränke aus den LatschenLESENRammstein-Skandal: Lindemann gewinnt gegen Youtuberin Kayla Shyx vor GerichtLESENTödlicher Sprung aus Hochhaus: Verdacht der BrandstiftungLESENSchwere Unwetter richten erneut massive Schäden in Südtirol an – Wassermassen reißen Brücke mitLESEN

Wohin mit dem Wrack?

Die folgende Frage ist: Wohin? Ein Hafen muss für eine solche Operation ausgerüstet sein. Das Schiff muss entladen, abgewrackt und das Schweröl abgepumpt werden. Im Notfall könnte das Abpumpen bereits auf See am heutigen Ankerplatz geschehen, um Gefahren bei einem Weitertransport zu reduzieren.

Noch ist nicht entschieden, wohin die „Fremantle Highway“ geschleppt wird. Es könnte auch ein Hafen in Deutschland sein. Die Kosten des gesamten Einsatzes muss der japanische Eigentümer bezahlen.

Das unter der Flagge Panamas fahrende Schiff war auf dem Weg von Bremerhaven nach Singapur, als in der Nacht zum Mittwoch Feuer ausbrach. Die Ursache ist noch nicht bekannt. Man vermutet jedoch, dass der Brandherd eine Batterie eines E-Autos war. Das Schiff hatte etwa 500 elektrische Autos geladen und damit weit mehr als die 25, die zuerst gemeldet worden waren. Akkus von E-Autos seien viel schwieriger zu löschen, sagen Brand-Experten.

Strengere Regeln für Transport von E-Autos

Inzwischen fordern Umweltschutzorganisationen auch in Deutschland strengere Regeln für den Transport von E-Autos. „Es ist längst überfällig, solche Transporte als Gefahrguttransporte zu deklarieren und nicht länger nah entlang der Küste fahren zu lassen“, sagte Nadja Ziebarth, Leiterin des Meeresschutzbüros beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland. Auch die niederländischen Wattenmeerinseln drängen darauf, den Schiffsgüterverkehr von und nach Deutschland weiter nach Norden zu verlegen, weiter entfernt von den Inseln und dem Wattenmeer. dpa

Juli wird global wohl heißester Monat seit Jahrtausenden

Death Valley„Die Welt sitzt auf einem heißen Stuhl“, meint UN-Generalsekretär António Guterres. Hier ein Warnschild im Death Valley National Park in Kalifornien. © Ty ONeil/AP/dpa

Hitzewelle in Südeuropa, Rekordtemperaturen in China – die weltweiten Auswirkungen des Klimawandels sind nicht mehr zu übersehen. Nun wurde Forschern zufolge ein trauriger Rekord gebrochen.

Genf – Der Juli dürfte wahrscheinlich der bislang heißeste Monat seit Tausenden von Jahren werden. Das berichteten Klimawissenschaftler der Weltwetterorganisation (WMO) und des europäischen Klimawandeldienstes Copernicus in Genf. Sie haben Daten bis zum 23. Juli ausgewertet.

„Die Welt sitzt auf einem heißen Stuhl“, sagte UN-Generalsekretär António Guterres. „Wir müssen nicht bis Ende des Monats warten, um das genau zu wissen. Wenn es in den nächsten Tagen keine Mini-Eiszeit gibt, wird der Juli alle Rekorde brechen.“ Klar ist schon: Die drei Wochen Anfang Juli waren der wärmste jemals gemessene Dreiwochenblock. 2023 könnte den bisherigen Rekord von 2016 als heißestes Jahr brechen, sagte Chris Hewitt, Direktor für Klimadienstleistungen bei der WMO.

Der weltweit heißeste je gemessene einzelne Tag war nach diesen Angaben der 6. Juli dieses Jahres, mit einer globalen Durchschnittstemperatur von 17,08 Grad, dicht gefolgt vom 5. und 7. Juli. Der vorherige Rekord stammte vom 13. August 2016 mit einem Wert von 16,8 Grad. Dieser Rekord wurde in diesem Jahr an mindestens 17 Juli-Tagen übertroffen. „Die Ära der globalen Erwärmung ist vorüber. Die Ära des globalen Kochens ist angebrochen“, sagte Guterres. Er rief Politiker auf, umgehend drastische Schritte zur Eindämmung des Klimawandels zu beschließen.

Beispiellos seit Tausenden Jahren

Copernicus bezieht sich zwar auf konkrete Messdaten unter anderem von Wetterstationen und Satelliten, die nur bis 1940 zurückreichen, wie Carlos Buontempo, Copernicus-Direktor beim Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (ECMWF) sagte. Die Klimaforschung, die das historische Klima aus indirekten Beobachtungen wie etwa Baumringen oder Luftblasen in Gletschern rekonstruiert, lege aber nahe, dass die Juli-Temperaturen beispiellos seit Tausenden von Jahren seien. Die Erderwärmung durch den menschengemachten Klimawandel schreitet seit Anfang des vergangenen Jahrhunderts langsam voran. Sie hat sich seit den 1980er Jahren sehr stark beschleunigt.

Zwar war das Wetter in Deutschland und Nordeuropa im Juli gefühlt weniger warm als in anderen Sommern, aber im globalen Durchschnitt waren Hitzewellen in Nordamerika, Asien und Südeuropa ausschlaggebend. Ebenso habe dazu die hohe Wassertemperatur der Ozeane zu dem besonders warmen Juli beigetragen, berichtete die WMO.

In den ersten 23 Juli-Tagen lag die globale Durchschnittstemperatur nach diesen Angaben bei 16,95 Grad. Bislang war nach den europäischen Berechnungen der Gesamt-Juli 2019 mit 16,63 Grad der heißeste. NOAA nennt den Juli 2021 als heißesten Monat. Der Unterschied könne damit erklärt werden, dass die NOAA-Berechnungen große Teile der Polarregionen nicht einrechneten, teilte Copernicus mit. Weitere Analysen, etwa von der US-Behörde NOAA, werden Mitte August erwartet.

Absoluter Spitzenwert

Eine aktuelle Analyse des deutschen Klimawissenschaftlers, Karsten Haustein, kommt zu dem Ergebnis, dass es „praktisch sicher“ sei, dass der Juli der heißeste Monat seit Beginn der Industrialisierung werde: Demnach lag die Durchschnittstemperatur im Juli 2023 nach derzeitigen Berechnungen um 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau (1850-1900). „Es übertrifft alles, was wir bisher gesehen haben“, sagte der Wissenschaftler vom Institut für Meteorologie der Universität Leipzig am Donnerstag bei der Vorstellung der Ergebnisse.

0

Lesen Sie auch

Apophis: Schlägt der Asteroid 2029 ein? Forscher sagen Flugbahn vorrausLESENIm Griechenland-Urlaub: Vater kippt bei Rechnung für Calamari und Getränke aus den LatschenLESENRammstein-Skandal: Lindemann gewinnt gegen Youtuberin Kayla Shyx vor GerichtLESENTödlicher Sprung aus Hochhaus: Verdacht der BrandstiftungLESENSchwere Unwetter richten erneut massive Schäden in Südtirol an – Wassermassen reißen Brücke mitLESEN

Natürlich sei der Juli noch nicht ganz vorbei, sagte Haustein. Trotzdem könne man unter Berücksichtigung der Wettervorhersagen für die kommenden Tage schon jetzt sagen, dass ein Rekordstand erreicht werde. Der Klimawissenschaftler ist überzeugt: „Selbst wenn die nächsten Tage kühler werden, sind wir immer noch im Rekordbereich.“ Für seine Berechnungen verwendete Haustein Daten aus weltweiten Wetterstationsdaten, Radiosonden und Satellitenfernerkundung sowie des amerikanischen Wettervorhersagemodells Global Forecast System (GFS), des Projekts Berkeley Earth Surface Temperature und der Nasa.

Klimaexpertin Friederike Otto vom Imperial College in London sagte bei der Vorstellung der Ergebnisse, dass die globale Durchschnittstemperatur allein noch niemanden umbringe – extreme Wetterereignisse wie die aktuelle Hitzewelle im Mittelmeerraum aber schon. Diese hingen ganz klar mit dem „heißesten Juli aller Zeiten“ zusammen. Die Konsequenz: „Jedes Jahr sterben allein in Europa Tausende von Menschen an den Folgen von extremer Hitze.“ Kühler werde es auf der Erde trotz aller möglichen Bemühungen nicht mehr, sagte Otto. Deswegen müssten die Menschen sich anpassen und ihnen ermöglicht werden, mit extremen Bedingungen im Sommer zu leben.

WMO: 1,5-Grad-Wert wird bald überschritten

Die WMO geht mit 98-prozentiger Sicherheit davon aus, dass eines der nächsten fünf Jahre das heißeste sein wird. Das bisherige Rekordjahr 2016 hatte eine globale Durchschnittstemperatur von rund 1,3 Grad über dem vorindustriellen Niveau (1850-1900). Die WMO geht mit 66-prozentiger Wahrscheinlichkeit davon aus, dass in mindestens einem der nächsten fünf Jahre die globale Durchschnittstemperatur den Wert von 1,5 Grad überschreitet. „Dies bedeutet nicht, dass wir das im Pariser Abkommen festgelegte Niveau von 1,5 Grad dauerhaft überschreiten werden“, betonte die WMO. „Das bezieht sich auf eine langfristige Erwärmung über viele Jahre hinweg.“

Bei sengender Hitze sitzen Touristen unter Bäumen am Eingang der Akropolis im Zentrum von Athen. © Socrates Baltagiannis/dpa

Der Juli folgte auf einen Juni, der bereits so heiß war wie kein anderer. „Menschengemachte Emissionen sind letztlich der Hauptgrund für die ansteigenden Temperaturen“, sagte Copernicus-Direktor Carlo Buontempo. „Eine Reduzierung der Treibhausgase ist dringender als je zuvor“, sagte WMO-Chef Petteri Taalas. „Klimamaßnahmen sind kein Luxus, sondern ein Muss.“ dpa